Wir alle kennen das Gefühl, dass der Körper an manchen Tagen voller Energie steckt und an anderen einfach nicht in Schwung kommen will. Dabei spielt unser Menstruationszyklus eine entscheidende Rolle. Auch im Fitness-Kontext ist es deshalb wichtig, die Bedürfnisse des weiblichen Körpers einzubeziehen. Zyklusbasiertes Training passt das Training an die verschiedenen Phasen des Zyklus an, um das Beste aus jeder Einheit herauszuholen und gleichzeitig den Körper sanft zu unterstützen. Unsere Expertin Frances erklärt im Interview, wie Frauen ihre sportlichen Aktivitäten optimal auf ihren Zyklus abstimmen können, um sowohl ihre Fitness als auch ihr Wohlbefinden zu fördern.
Frances, was ist zyklusbasiertes Training und wie unterscheidet es sich von herkömmlichem Training?
„Zyklusbasiertes Training berücksichtigt die hormonellen Schwankungen, die während des Menstruationszyklus auftreten, und passt das Trainingsprogramm entsprechend an. Im Gegensatz zum herkömmlichen Training, das oft auf eine gleichbleibende Routine setzt, passt sich das zyklusbasiertes Training an die verschiedenen Phasen des Zyklus an. Während der Follikelphase, wenn das Östrogen steigt, fühlen sich viele Frauen energiegeladen und stark – ideal für intensives Krafttraining. In der Lutealphase, wenn Progesteron dominiert, kann (vor allem in den letzten Tagen kurz vor der Periode!) sanftere bzw. weniger intensive Trainingseinheiten eingeplant werden."
Warum ist es wichtig, das Training an den weiblichen Zyklus anzupassen?
„Das Anpassen des Trainings an den Zyklus ermöglicht es Frauen, ihre körperliche Leistungsfähigkeit zu maximieren, gleichzeitig das Risiko von Überlastungen und Verletzungen zu minimieren und sich dabei wohler zu fühlen. Es geht dabei darum, mit seinem Körper zu trainieren – im Einklang mit dem Zyklus– nicht gegen ihn. Der Menstruationszyklus beeinflusst Energielevel, Muskelkraft, Ausdauer und die Regenerationsfähigkeit. Indem das Training diesen natürlichen Schwankungen folgt, kann es effektiver gestaltet werden und gleichzeitig das Wohlbefinden fördern. Studienergebnisse zeigen, dass Frauen ihren Zyklus in der Trainings- und Ernährungsgestaltung berücksichtig haben wollen."
Wie können Frauen herausfinden, welche Trainingsmethoden und -intensitäten in den verschiedenen Phasen ihres Zyklus am besten bzw. nicht so gut geeignet sind? Gibt es hier allgemeine Empfehlungen?
„Ein wichtiger Ausgangspunkt ist es, den eigenen Zyklus über mehrere Monate (mind. 3 Zyklen) hinweg zu beobachten und zu dokumentieren. Apps oder Journale, in denen man mehrere Symptome notieren kann, die zur zur Zyklusverfolgung dienen, können hierbei hilfreich sein. Der Zyklus und die Symptome welche Frauen im Verlauf empfinden sind individuell. Es gilt sein persönliches Muster herauszufinden und Zusammenhänge mit dem Lebensstil zu erkunden. Allgemein lässt sich sagen, dass in der Follikelphase (kurz nach der Menstruation bis zum Eisprung) die Intensität des Trainings gesteigert werden kann, während in der Lutealphase (nach dem Eisprung, jedoch eher kurz vor Einsetzen der nächsten Menstruation) ein sanfteres Training sinnvoller ist. Hören auf deinen Körper – er signalisiert dir, was in den einzelnen Phasen am besten funktioniert."
Welche Vorteile bietet zyklusbasiertes Training für Frauen, die beispielsweise mit Beschwerden wie PMS zu kämpfen haben? Gibt es spezielle Empfehlungen für Frauen, die intensive Symptome wie starke Menstruationsschmerzen oder Migräne erleben?
„Zyklusbasiertes Training kann die Intensität von PMS-Symptomen lindern. In der Lutealphase, in der PMS häufig auftritt, ist sanftes Training wie Yoga oder Spazierengehen besonders vorteilhaft. Bei starken Menstruationsschmerzen kann es hilfreich sein, auf intensive Einheiten zu verzichten und stattdessen auf Bewegungen zu setzen, die Entspannung fördern und die Durchblutung verbessern, wie leichte Dehnübungen. Zudem können spezifische Ernährungsstrategien während dieser Phase, wie die Erhöhung der Magnesium- und Omega-3-Zufuhr, unterstützend wirken. Besonders wichtig ist auch die Vorbereitung auf bspw. die Tage während der Periode. Hier sollten besonders die Ernährung schon ein paar Tage zuvor angepasst werden und dabei auf antientzündliche Nährstoffe geachtet werden."
Was sind die häufigsten Missverständnisse über zyklusbasiertes Training, die ihr in eurer Arbeit beobachtet?
„Ein häufiges Missverständnis ist, dass Frauen während ihrer Menstruation gar nicht trainieren sollten. Tatsächlich kann moderate Bewegung während der Periode helfen, Krämpfe zu lindern und die Stimmung zu verbessern. Die Hormonlevel sind in dieser Phase niedrig – ähnlich wie bei Männern, weswegen sportlicher Erfolge theoretisch nichts im Wege steht. Ein weiteres Missverständnis ist, dass zyklusbasiertes Training kompliziert und schwer umzusetzen sei. Mit einer klaren Struktur und etwas Geduld, um den eigenen Körper kennenzulernen, kann jedoch jede Frau davon profitieren. Schließlich glauben manche, dass zyklusbasiertes Training nur für Leistungssportlerinnen relevant ist. In Wirklichkeit kann jede Frau, unabhängig von ihrem Fitnesslevel, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden durch Training und Ernährung im Einklang mit dem Zyklus verbessern."
Warum wird zyklusbasiertes Training erst jetzt richtig erforscht?
„Unsere Welt ist immer noch stark Männerdominiert, so gibt es heute noch zahlreiche Geschlechterlücken „Gender-Gaps“. Von der Gender-Pay-Gap, Gender-Data-Gap, Gender-Orgasm-Gap über die Gender-Data-Gap. Die Geschlechterdatenlücke zeigt dabei besonders deutlich, dass Frauen in der Forschung, so auch in vielen sportwissenschaftlichen Studien, stark vernachlässigt wurden. Ein Grund hierbei ist unter anderem die Komplexität, die der Menstruationszyklus in Studien einbringen kann. Dadurch entstanden Trainings- und Ernährungspläne, die überwiegend auf männliche Probanden ausgerichtet waren. Erst in den letzten Jahren wächst das Bewusstsein dafür, dass Frauen andere Bedürfnisse haben und dass das Training an ihren Zyklus angepasst werden sollte, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Forschung zu zyklusbasiertem Training nimmt daher jetzt Fahrt auf, da mehr Studien speziell mit weiblichen Probanden durchgeführt werden."
Welche Tipps hast du für Frauen, die gerade erst anfangen, zyklusbasiertes Training in ihren Alltag zu integrieren?
„Der Einstieg in zyklusbasiertes Training beginnt mit einer genauen Beobachtung des eigenen Zyklus. Starte also mit dem Zyklustracking (zum Beispiel mittels der syptothermalen Methode, bei der du die Körperzeichen: Zervixschleim, Gebärmuttermundöffnung und deine Körperkerntemperatur notierst) und weitere Zyklusbedingte Symptome wie Stimmung, Energielevel, PMS-Symptome etc. in den verschiedenen Zyklusphasen aufschreibst. Es ist wichtig, geduldig zu sein und sich Zeit zu geben, um herauszufinden, was am besten für deinen Körper funktioniert. Etwa nach drei Zyklen kennst du deine Muster besser und kannst dein Training und Ernährung entsprechend gestalten. Wichtig dabei ist, flexibel zu bleiben, denn deine Zyklen können sich immer wieder verändern."
Fazit
Die Anpassung des Trainings an die Phasen des Menstruationszyklus unterstützt Frauen dabei, sowohl ihre körperliche Leistungsfähigkeit zu optimieren als auch ihr allgemeines Wohlbefinden zu steigern. Während der Follikelphase kann intensives Training besonders effektiv sein, während in der Lutealphase sanftere Übungen helfen, Beschwerden wie PMS zu lindern. Die Dokumentation und Analyse des eigenen Zyklus sind dabei der Schlüssel. Durch das regelmäßige Verfolgen der Symptome und Energielevel können Frauen ihre Trainingseinheiten gezielt planen und ihre Fitnessroutinen anpassen. Diese Herangehensweise hilft nicht nur, den eigenen Körper besser zu verstehen, sondern auch, eine individuell passende Balance zwischen Anstrengung und Erholung zu finden. Zyklusbasiertes Training ist somit nicht nur eine Methode zur Verbesserung der Fitness, sondern auch ein Weg, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse besser zu respektieren und zu unterstützen. Probiere es gerne mal aus!
Du benötigst Unterstützung und möchtest mehr über deinen Körper erfahren und wie du dein Lifestyle, Training/ Ernährung verbessern kannst? Oder du bist Coach*in/ Trainer*in im Sport- oder Gesundheitsbereich? So bietet dir die FEMNETIC-Akademie (https://femnetic.com/) die beste Unterstützungsmöglichkeit. Unter anderem bieten sie einen Online-Kurs inkl. physischem Workbook – das „My Happy Cycle- Programm“ (https://myhappycycle.femnetic.de/), welches deine Zyklusgesundheit unterstützt und du ein tieferes Körperverständnis erlangen kannst.
Bleib informiert und achte auf Deine Gesundheit! Wenn du Fragen zu dem Thema hast, freuen wir uns auf deine Kommentare und E-Mails an hello@fembites.com.
! Disclaimer: Wenn wir "Frau" schreiben, meinen wir alle Menschen, die einen Zyklus haben.